BGH-Urteil: Aufwind für das Wechselmodell

Bisher hieß es, das Einvernehmen oder zumindest die gute Zusammenarbeit beider Eltern wäre Voraussetzung für ein Wechselmodell; lehne ein Elternteil diese Betreuungsform ab, sei eine richterliche Anordnung in der Regel nicht möglich. Der BGH ( Bundesgerichtshof)  hat mit dieser verbreiteten Vorstellung jetzt aufgeräumt und klargestellt, dass dieser vermeintliche Grundsatz so nicht zutrifft.

Eine Entscheidung  des OLG Nürnberg (AG Schwabach) wurde deshalb aufgehoben und an das OLG zurückverwiesen. Hier hatte der Vater eines 14jährigen Jungen die Betreuung im Wechselmodell beantragt. Die Mutter war dagegen. Das Familiengericht und das OLG entschieden gegen den Antrag des Vaters, der die zugelassene Rechtsbeschwerde einlegte, weshalb der Fall zum BGH kam. Der BGH hat die Entscheidung aufgehoben und verweist den Fall nun zurück. Begründung: Das Wechselmodell könne auch dann im Sinne des Kindeswohls liegen, wenn die Eltern sich nicht einig wären. Welche Betreuung im Sinne des Kindeswohls richtig sei, so der BGH in seiner Begründung, sei in jedem Einzelfall zu ermitteln. Dabei könne nicht davon ausgegangen werden, dass eine paritätische Betreuung dem Kindeswohl widerspreche, nur weil ein Elternteil mit dieser nicht einverstanden sei. Da gerichtlich Entscheidungen zum Umgang und zum Sorgerecht zu treffen seien, wenn die Eltern sich nicht einig seien, könne in Bezug auf ein Wechselmodell grundsätzlich nichts anderes gelten. Der BGH stellt klar, dass Kinder, insbesondere der hier bereits 13jährige Sohn(!!!), vorher richterlich anzuhören sei. Dies war in diesem Fall nicht geschehen. Da der BGH eine weitere Sachaufklärung für erforderlich hält, wurde die Sache an das OLG zurückverwiesen.

Zweifellos wird diese Entscheidung dem Gedanken des Wechselmodells weiter Auftrieb verleihen. Wir begrüßen dies grundsätzlich, möchten aber auch bemerken, dass die Vorstellungen und Wünsche, sprich Interessen der betroffenen Kinder, im Mittelpunkt stehen müssen. Der Wunsch eines Elternteils in Bezug auf eine solche Betreuung ist also nicht für sich genommen maßgeblich, neu ist jedoch das die Ablehnung eines Elternteils dies auch nicht ist.
Aktenzeichen XII ZB 601/15

http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=pm&Datum=2017&nr=77519&linked=bes&Blank=1&file=dokument.pdf